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Strengere Covenants stehen unmittelbar bevor

Auch Unternehmen mit guten Bonitäten müssen sich darauf einstellen. „Bei Unternehmen mit guter Bonität kann ein Kreditvertrag mit lediglich einem Covenant auskommen. Selektiv sind es aber zwei, maximal drei“. Stefan Rapp(Dt. Bank)

Mit den schwachen Jahresabschlüssen 2023, 2024 und trüben Ausblicken auf 2025 geht’s ins „Eingemachte“.

 

„Vor ein paar Jahren, während der Niedrigzinsphase, war die Covenant-Ausgestaltung sicher weniger im Fokus als jetzt. Die Finanziers schauen nun aufgrund der anhaltend schwierigen Konjunkturlage deutlich genauer hin.“ Stefan Rapp(Dt. Bank)

 

Der nachfolgende Artikel aus dem „Treasurer“ legt die Gründe für die zu erwartenden Verschärfungen dar.

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Die anhaltend schwache Konjunktur verkompliziert die Finanzierung. Treasurer müssen sich auf mehr und strengere Covenant-Regeln einstellen.

 

Nach zwei Jahren Rezession wäre der deutschen Wirtschaft eine konjunkturelle Trendwende gerade recht. Doch die Aussichten bleiben trist: Sowohl IWF als auch OECD haben die Wachstumsprognose für das laufende Jahr zuletzt mehrmals gesenkt. Immerhin steht jeweils noch ein kleines Plus vor der Null – die jüngsten Autozoll-Kapriolen von Donald Trump sind da allerdings noch nicht berücksichtigt. Fest steht: Mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung gehört Deutschland weltweit weiterhin zu den Schlusslichtern.

Die komplexe Gemengelage aus schwacher Konjunktur, hohen Kosten und volatiler Geopolitik rückt für viele Unternehmen ein wichtiges Finanzierungsthema in den Fokus: Finanzkennzahlen (Financial Covenants), die Bestandteil vieler Kreditverträge sind und vom Kreditnehmer eingehalten werden müssen. Die im Fachjargon oft nur Covenants genannten Kennziffern können sich unter anderem auf Ebitda-Relationen, die Verschuldung, die Eigenkapitalquote oder die Zinsdeckung beziehen. „Wir registrieren, dass bestehende Covenants verstärkt unter Druck geraten, Unternehmen also öfter an die Grenzen ihrer festgelegten Headrooms stoßen und diese mitunter sogar brechen“, erklärt

Steffen Rapp, Leiter Structured Finance bei der Deutschen Bank. „Angesichts der anhaltend hohen Volatilität und Unsicherheit in den Märkten überrascht das aber nicht wirklich“, ergänzt er.

Grundsätzlich handele es sich um ein branchenübergreifendes Phänomen. „Viele Unternehmen kämpfen unter anderem aufgrund von Energiepreissteigerungen, Inflation und zum Teil noch andauernden Auswirkungen von Lieferkettenproblemen mit erhöhten Kosten. Gleichzeitig will vielfach die Nachfrageseite nicht anspringen“, berichtet Rapp.

 

»Bestehende Covenants geraten verstärkt unter Druck Steffen Rapp, Deutsche Bank

 

Noch etwas unverblümter formuliert es Torsten Wehrhahn von der Wirtschaftskanzlei Noerr: „Brüche bei Financial Covenants sind eindeutig häufiger zu beobachten, denn viele Bereiche der deutschen Wirtschaft befinden sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus und dies lässt die Erträge der Unternehmen sinken, was recht schnell den Verschuldungsgrad in die Höhe und die Zinsdeckung in die Tiefe treiben kann.“

Die gängigsten Financial Covenants in hiesigen Konsortialkreditverträgen sind: der (Netto-)Verschuldungsgrad-Covenant (Leverage Covenant), der das Verhältnis der (Netto-)Finanzschulden eines Unternehmens zum operativen Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) beschreibt, sowie der Zinsdeckungsgrad-Covenant (Interest Coverage Covenant), bei dem das Ebitda ins Verhältnis zum (Netto-)Zinsaufwand gesetzt wird.

 

Verschuldungsgrad dominiert

Laut Deutsche-Banker Rapp hat sich der Leverage Covenant in den vergangenen Jahren als erste Wahl in syndizierten Krediten etabliert: „Dieser Covenant stellt eine gute Verbindung zwischen Verschuldung und Cashflow-Stärke eines Unternehmens her“, sagt er und ergänzt: „Der Zinsdeckungsgrad hingegen beleuchtet primär die GuV-Seite und ist gleichzeitig auch abhängig von Zinsänderungsrisiken, was das Gesamtbild verzerren kann.“ Unternehmen, die von ihren Kreditgebern keinerlei

Wenn es einem Unternehmen schlecht geht, können Financial Covenants schnell gerissen werden. Treasurer und Banken müssen dann nach Lösungen suchen.

Covenants ins Pflichtenheft geschrieben bekommen, gebe es typischerweise nicht: „Bei Unternehmen mit guter Bonität kann ein Kreditvertrag mit lediglich einem Covenant auskommen. Selektiv sind es aber zwei, maximal drei“, sagt der Banker.

Christoph Roessle von Deloitte pflichtet ihm bei: „Ich kenne keinen syndizierten Kredit, der keinen Covenant enthält, selbst bei den Top-Adressen.“ Und die Banken wollen die Zügel noch weiter anziehen: In einer aktuellen Befragung des Big-Four-Hauses gibt rund ein Viertel der 120 befragten deutschen Kreditinstitute an, bei der Neukreditvergabe in den kommenden zwölf Monaten strengere Financial Covenants einzuziehen (siehe Abbildung).

Banken lassen sich Verstöße gegen die Covenants auskömmlich bezahlen, üblicherweise in Form einer Zinserhöhung und sogenannter Waiver Fees. „Für Unternehmen ist das zwar schmerzhaft, letztlich aber auch gerechtfertigt, immerhin impliziert ein Covenant-Bruch einen Mehraufwand und erhöhte Risiken für die Bankenseite“, so Deloitte-Berater Roessle. Banken forderten zudem mehr Sicherheiten, wenn Kreditklauseln gerissen werden.

 

»Wir rechnen mit zahlreichen Mandatsanfragen wegen Covenant-Verstößen Torsten Wehrhahn, Noerr

 

Steffen Rapp empfiehlt Treasurern, das Thema proaktiv und transparent zu kommunizieren: „Je früher die Kreditgeber eingebunden werden, desto besser. Am Worst Case, einer Kündigung der Kredite, hat schließlich niemand Interesse.“ Manche Treasurer versuchen, die Anzahl ihrer „Covenant-Gerüste“ zu reduzieren, indem sie stärker auf bilaterale Linien (ohne Covenants) setzen. Laut Andreas Naujoks von Noerr verschafft dies einem Unternehmen jedoch oft nur kurzfristige Entlastung. „Darüber hinaus kann ein solches Vorgehen im Falle einer Krise dem Unternehmen auf die Füße fallen und den Restrukturierungsaufwand und die Kosten vervielfachen.“

Besser sei es da, die eigenen Finanzkennzahlen sehr genau zu monitoren, um mögliche Covenant-Brüche antizipieren zu können. „Präventiv kann auch über die Einleitung möglicher Gegenmaßnahmen

nachgedacht werden, wie zum Beispiel die Einbringung nachrangiger Gesellschafterdarlehen oder die Verbesserung des Forderungsmanagements,“ rät Naujoks.

Zudem kämen die Finanziers ihren Kunden aktuell verstärkt mit innovativen Konzepten entgegen. „Dazu zählen etwa sogenannte ein- oder mehrmalige Acquisition- oder Asset-Spike-Lösungen sowie automatische Anpassungen der Finanzkennzahlen bei Zukäufen, um mehr Flexibilität bei der Einhaltung der Finanzkennzahlen zu gewähren, ohne diese bis zur Unkenntlichkeit aufzuweichen“, so Michael Schuhmacher von Noerr.

 

Strengere Regeln erwartet

Bei aktuellen und künftigen Kreditverhandlungen spielen laut Deutsch-Banker Rapp Covenants eine noch größere Rolle. „Vor ein paar Jahren, während der Niedrigzinsphase, war die Covenant-Ausgestaltung sicher weniger im Fokus als jetzt. Die Finanziers schauen nun aufgrund der anhaltend schwierigen Konjunkturlage deutlich genauer hin.“ Soll heißen: Wer jetzt refinanzieren muss, sollte sich auf mehr und strengere Einträge im Pflichtenheft einstellen. „Bereits heute genießen Financial Covenants einen eindeutig höheren Stellenwert in (Re-)Finanzierungsverhandlungen. Dies gilt sowohl für die Anzahl und Auswahl der Financial Covenants als auch für deren inhaltliche Ausgestaltung, die Adjustments sowie die Headrooms und Reporting-Intervalle“, zählt Noerr-Anwalt Wehrhahn auf.

Wehrhahn und Schuhmacher rechnen insbesondere damit, dass die Adjustierungen der Finanzkennzahlen intensiver als bislang diskutiert werden dürften – und zudem nicht mehr unbegrenzt zugestanden werden: „Das war in der Vergangenheit oftmals Usus, hat aber de facto die Funktion der Finanzkennzahlen als Frühwarnsystem weiter entwertet“, so Schuhmacher.

So habe es zuletzt vermehrt Fälle gegeben, bei denen Covenant-Brüche aufgrund großzügiger und/oder unbegrenzter Anpassungsmöglichkeiten letztlich die Finanzierer selbst überrascht hätten. „Probleme auf Kreditnehmerseite sollten sich dank sich verschlechternder Finanzkennzahlen eigentlich langsam abzeichnen, hier kamen sie aber plötzlich und unerwartet. Wir haben schon Fälle erlebt, in denen die Insolvenz bereits mit Eintritt des Financial-Covenant-Bruchs nicht mehr vermeidbar war“, berichtet Noerr-Anwalt Naujoks. Die Warnfunktion der Covenants sei damit weitgehend hinfällig gewesen, was nicht im Sinne des Erfinders sei. Die sogenannten Covenant-lites-Strukturen sind aber ein typisches Phänomen von Phasen, in denen es Kredite im Überfluss gibt.

 

Unsicherheit durch Trump

Was die deutsche Industrie laut Rapp nun vor allem bräuchte, sei Planungssicherheit, um zurück in die Wachstumsspur zu kommen: „Die anstehenden Investitionsprogramme werden sicher das Wachstum befördern, zugleich dürfte die Volatilität bis auf weiteres hoch bleiben, denken Sie nur an die jüngsten Maßnahmen der US-Regierung. Auch Covenant-Brüche dürften 2025 damit nicht zu vermeiden sein.“

 

Wehrhahn von Noerr sieht ebenfalls keine kurzfristige Entspannung: „2025 wird für viele Branchen ein schwieriges Jahr bleiben und wir rechnen mit zahlreichen Mandatsanfragen wegen Financial-Covenant-Verstößen und Restrukturierungsbegleitungen.“ Schwarzmalerei sei indes fehl am Platz:

 

Trotz allem sind die meisten Unternehmen sehr solide aufgestellt, agieren weitsichtig und werden gut durchkommen, so Steffen Rapp